XXXIII. Gedichte für jeden Tag

27.10.2025

Ärger

Schwestern, Brüder,
lasst euren Ärger
über Gott
nicht an euch und anderen Menschen aus.

Schwestern, Brüder,
bringt euer Unverstandensein, euren Zorn
über Gott
bittend zu Gott.

Schwestern, Brüder,
wenn euch Menschen ärgern,
ist es Gott?
Legt sie in Seine Hand.

Schwestern, Brüder,
ihr könnt euch von Gott abwenden.
Klar.
Aber hilfreich?

2. Fallen

Auch wir Christen fallen.
Nicht sofort aufstehen.
Mit Gott klären: warum bin ich gefallen?
Was war der Grund.
Diesen Grund meiden.
Mit Gottes Hilfe.

Auch wir Christen stolpern.
Manchmal finden wir es lustig.

Auch wir Christen wanken.
Manchmal merken wir es nicht einmal.

Gott bitten,
uns zu sensibilisieren,
damit wir in seinem Geist leben.

3. 739

Es wird gesagt,
als 739 Wikinger
Lindisfarne angriffen,
haben Mönche Bibeln vergraben,
für spätere Zeiten.

Eine gute Idee:
Wenn wir Glaubende nicht überleben,
so doch das Wort Gottes,
das neu die Herzen ergreifen kann.

4. Götter und Gott

In der Antike hatten die Götter ihre Herrschaftsbereiche.
Kam man in den Herrschaftsbereich eines anderen Gottes,
musste man ihm die Aufwartung machen.

Juden wussten:
Wo immer ich bin, da ist Gott.
Gott, der Schöpfer, ist der Herr der Welt.

Christen glauben an denselben Gott:
Wo immer ich auf der Welt auch bin:
Gott ist hier bei mir, in mir, in Freude, im Leide.

Wo immer ich in der Welt auch bin:
Ich bin in seiner Hand:
Ich kann mit ihm reden, ich kann ihn hören.

Und heute, Menschen ohne Gott?
Wo ich bin, bin ich: Ich rede mit mir, ich höre auf mich.
Ich bin allein, letztlich: allein?

5. Klagen

Nicht klagen,
wenn man etwas nicht verändern kann.
Klagen lohnt nicht –
vielleicht für die Psyche wertvoll.

Nicht klagen,
wenn man etwas verändern kann.
Klagen lohnt nicht,
raubt nur Kräfte.

Klagen,
wenn der Verlustschmerz groß: Leben, Liebe.
Klagend in Gottes Hand legen,
Frieden und Freiheit empfangend.

6. Aus allen Kontinenten

Es ist wunderbar
zu wissen:

In Gottes Kirche
leben Menschen
aus allen Kontinenten.

Aus allen Völkern
kommen sie,
in Gottes Reich,
zur Herrlichkeit.

Menschen
errichten Grenzen
zwischen Menschen.
Gott reißt sie nieder.
Schon jetzt in seiner Gemeinde.

7. Gott loben

Höhergestellte loben die unter ihnen.
Warum loben Menschen Gott?

Wes Herz voll ist, des Mund geht über,
übersetzte Luther ein Jesuswort.

Nicht viel nachdenken: Wer darf loben?
Es einfach tun: den Schöpfer preisen.

*

Religionsgeschichtlich:

Herrscher preisen sich selbst,
ihre großen Taten werden in Stein geschlagen.

Herrscher hatten ihre Berufslobenden,
die ihnen ständig sagten: Du bist der Beste.

Reiche Menschen hatten ihre Fans,
sie bejubelten, um etwas zu bekommen.

Das wurde auf die größten Herrscher übertragen:
gelobt, gepriesen, bejubelt wurden Götter und Gott.

Christliches Loben, nicht, um zu bekommen.
Christliches Loben, weil Gott alles gegeben hat: Christus.

Gotteslob: Widerspiegeln der Herrlichkeit Gottes.
Nicht nur mit Worten, auch mit dem Körper und mit Taten.

8. Gebetserhörung

Mit Gott
durch die Nicht-Erhörung gehen.

Nachträglich
ist auch Nicht-Erhörung Erhörung,
weil es einem um das Beste geht:
um mein und Gottes Willen.

Mit Gott
durch die Nicht-Erhörung gehen.

9. Erinnerung

Das hast du schlecht gemacht.
Das hast du gut gemacht.
Das war schlecht – ohne Folgen.
Das war gut – ohne Folgen.
Und dann hatte manches
gute bzw. schlechte Folgen.
So geht es hin und her
in der Erinnerung.
Mittelmaß selten.
Kalte und warme Duschen,
Duschen, voller schmerzhafter Hitze,
oder Erinnerungsfrösteln bis zur Erstarrung.
Kalt-warm
soll gesundheitsfördernd sein.

10. Gebet – Friedenswunsch

Wir sollen beten.
Im Gebet sagen wir Gott,
was uns wichtig ist.
Und wir sind gespannt zu erfahren,
ob es Gott für uns auch wichtig ist.
Gott wird es uns wissen lassen.
Er hat mehr Weitsicht.

Wenn Jesus nicht gelitten hätte,
wenn er nicht ermordet worden wäre,
gäbe es auch keine Auferstehung.
Natürlich: Wir sind nicht Jesus,
aber Jesus Christus ist in uns.
Er hat mehr Weitsicht.
Und wir in ihm Frieden.

11. Frieden

Von Gott nichts wissen wollen.
Jesus Christus belächeln.
Nicht zuhören, wenn er spricht,
wenn er durch andere zu mir spricht.

Aber dann,
wenn im Leben etwas schief läuft,
aber dann,
wenn Empathie für Leidende überwältigt,
Gott Vorwürfe machen?

Auf den Frieden Gottes achten,
der uns im Leiden überwältigen kann,
der uns in der Freude überwältigen kann –
ja, auf den Frieden Gottes achten.

12. Rätsel

Rätsel (ohne Auflösung)

Wenn ein Mensch
einen normalen Menschen
als nicht normal ansieht,
ist er selbst nicht normal.

Wenn ein Mensch
einen Menschen der Mitte
als extrem ansieht,
ist er selbst entweder links- oder rechtsextrem.

Wenn ein Mensch
einen Christen, der Christus folgt,
als extrem ansieht,
ist er selbst Nichtchrist oder lauwarm (Apk 3,15-16).

Stimmt das?

13. Glauben

Glauben ist nicht wissen –
aber Gewissheit.

Glauben ist
von Gott geschenktes Wissen.

Glauben ist
Gott vertrauen,
weil er vertrauenswürdig handelt.

14. Leib

Mein Körper
gehört mir.
Jesus hat seinen Körper,
der ihm gehörte.
hingegeben:
Das ist mein Leib,
für euch hingegeben.

Viele seiner Nachfolger
gaben ihren Körper hin.
Ihr Körper
gehörte ihnen.
Mit ihrem Körper
dienten und dienen sie Gott.
Ihr Körper
ist Leib.

15. Gottes Liebe

Gottes Liebe –
Gott liebt uns.
Gottes Liebe kann uns keiner nehmen.
Gottes Liebe macht uns in Armut reich.
Gottes Liebe gibt uns in Schwachheit Kraft.
Gottes Liebe…

Es ist billig von Gottes zu Liebe zu reden,
in manchen Situationen – reine Vertröstung.
Menschen müssen sich durchkämpfen
zum Wissen, zum Fühlen der Liebe Gottes.
Von Gottes Liebe wissen, sie nicht zu spüren –
kann zermürben, verhärten, vereinsamen schwächen.

Wer sich hindurchgekämpft hat,
spricht leicht von Gottes Liebe.
Wer im steten Kampf steckt,
kann manchmal nicht mehr,
versteht nicht den Sinn von: Gottes Liebe –
kann nur sich fallen lassen in Gottes Hand.

Und Gott bitten:
Schenke mir Deinen Geist,
schenke mir Erkenntnis,
Deiner Liebe,
gefallen und bergend
in Deiner Hand.

Und die,
die sich hindurchgekämpft haben:
Gottes Liebe bekennen,
nicht triumphierend, arrogant.
Mit Gottes Geist.
Manchmal: Schweigend.

16. Alltag

Wieder aufstehen.
Wieder Duschen.
Wieder Frühstücken.
Wieder aus dem Haus gehen…

Mit diesen vier Aussagen
sind eine Menge „wieder“ verbunden:
wieder Augen aufschlagen,
wieder die Beine aus dem Bett bewegen,
wieder…

Wurde nicht etwas vergessen?
Wieder Gott danken für die Nacht,
wieder vor Gott sein,
wieder mit Gott reden,
wieder den Tag in Gottes Hand legen…

Von den „Wieder“ nicht erschlagen lassen,
sich selbst Höhepunkte setzen, immer wieder,
und die „Wieder“ von Gott füllen lassen.
Gott bringt Überraschungen: immer wieder.
Wenn ich sie denn mag, die Herausforderungen
und mich von den „Wieder“ nicht lähmen lasse.

17.