Jesus sagt laut Matthäusevangelium zu denen, die ihm zuhören: Ihr seid das Salz der Erde. Warum sagte er nicht: Ihr seid der Honig der Erde? Das wäre doch vieeeeel süßer! Vielen Christen wäre das sicher angemessener. Sie möchten süß sein, der Zuckerguss auf dem gesellschaftlichen Kuchen – und wie süß soll erst der Zeitgeistkuchen sein! Vielleicht sollten sie die Bibel umschreiben.

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Wer die Bibel versüßt, Jesus in süßen Honig taucht, sollte sie einmal aus einer anderen Perspektive lesen. Jesus ist widerständig, provokant. Heute merken viele es gar nicht mehr so, weil sie verlernt haben, das Rebellische zu erkennen. Die Texte der Bibel wurden diszipliniert, domestiziert, weil bestimmte Gruppen und Individuen Angst vor ihr haben. Allein schon die Geburtsgeschichten im Matthäus und Lukasevangelium sind heftig. Da diskutieren manche heute: Jungfrauen-Geburt – ja nein, aber was das für Maria und Josef bedeutete, damit eben auch: Was diese Menschen ertragen mussten, wie sie mit ihrem Leben klar kommen mussten, widerständig gegen Lynchjustiz – im Namen Gottes … – das steckt hinter den Geschichten, das wird übersehen. Hier und da wird die Armut romantisiert. Armut ist nicht romantisch. Die Jünger wurden nicht umgebracht, weil sie so süß waren und süße Botschaften vermittelt haben. Sie eckten an, waren Sand im Getriebe der Unmenschlichkeit, sie provozierten mit ihrer Menschlichkeit, die auch Christus ans Kreuz brachte. Schauen wir uns die Propheten an, die Jesus kannte – da ist nichts von Süße. Jesus kämpfte gegen Sünde und Tod. Bekämpfte Krankheit und Armut. Rebellierte gegen Zwietracht. Der Mensch stand im Vordergrund des Handelns und der Lehre Jesu. Der Mensch, das Ebenbild Gottes, das so sehr geschändet wurde – und wird, durch Menschen, durch Krankheit, durch Tod.

Jesus bricht die Unmenschlichkeit mit anderen Mitteln als das Mittel der Gewalt. Das verführt dazu, ihn mit Zuckerwasser zu taufen.

Wie konnte er versüßt werden? Menschen, denen er half, empfinden ihn als freundlich, wunderbar, zugewandt, annehmend, liebend, vergebend, heilend…. Das ist er auch. Wir Menschen können in ihm Zuflucht finden, er gibt uns Raum, Licht, Freiheit, Kraft und Stärke. Darum folgen ihm so viele Menschen nach. Aber nicht, um ihn zu versüßen, sondern um sich für Recht und Gerechtigkeit einzusetzen. So sollte es sein. So muss es sein.