(1) Das Erbe

Ein Heiliger starb. Er hinterließ ein Testament. Dem einen Kind vermachte er seine Bibel: „… damit du Gott kennenlernst!“ Dem anderen Kind vermachte er sein Gesangbuch: „… damit du getroster und fröhlicher das Leben ansiehst!“ Dem dritten Kind vermachte er nichts, sondern schrieb ihm nur: „… alles andere habe ich den Freunden vermacht!“ Da wurden sie wütend und wollten das Testament anfechten. Der Anwalt sagte: „Geht doch erst einmal zu den Freunden und fragt, um welchen Besitz es eigentlich geht!“ Zornig gingen die drei hin, redeten sich auf dem Weg in Rage, das Gesicht wurde finster und finsterer. Voller Freundlichkeit wurden sie empfangen, sie wurden bewirtet, gebeten, noch zu bleiben. Sie dachten insgeheim: Wenn man viel erbt, kann man auch so großzügig sein. Endlich fassten sie sich ein Herz und fragten: „Was habt ihr von unserem Vater vererbt bekommen?“ „Nichts“, sagten die Freunde. „Wir haben nur von deinem Vater gelernt, aus dem Glauben zu leben. Das ist sein Vermächtnis.“

(2) Das weinende Buch

Die Leserin schlug ein Buch auf. Da fingen die Seiten an zu weinen und zu klagen. Sie legte das Buch erschrocken zur Seite. Doch sie klagten weiter und weiter. Da fragte sie: „Was weint ihr denn und klagt?“ „Man hat uns nicht gefragt, womit wir bedruckt werden wollten. Und nun müssen wir so viel Blödsinn über Jesus Christus in die Welt tragen. Eine Bibel zu sein, das hätte uns geadelt, aber nun so etwas.“ Da sagte die Leserin: „Ihr wart aber hochmütig, gerade eine Bibel sein zu wollen.“ „Schimpf nicht mit uns, etwas anderes hätte es auch getan, aber dieser viele Unfug! In der Druckerei – das war ein Schreien und Seufzen, ein Kreischen und Zittern. Wir wollten alle nicht mit diesem Zeugs bedruckt werden.“ Die Leserin war ganz entsetzt und tröstete sie: „Ihr könnt doch nichts dafür!“ Sie ließen sich aber nicht beruhigen. „Passt mal auf. Ich werde auf jede Seite von euch etwas Gutes schreiben. Bibelzitate, Gottesweisheiten.“ Die Seiten wurden friedlicher und gaben aber noch keine Ruhe. „Und was ist mit den vielen Seiten, die auch so schlimme Texte in die Welt bringen müssen?“ „Das weiß ich auch nicht. Aber ich kann ja allen, die ich kenne, sagen, dass sie eure Freunde wie ich mit guten Worten aus der Erniedrigung holen sollen.“

(3) Die Bibel

Mit der Bibel ist es wie mit einem Gebirgsmassiv. Stehen wir vor seinen Flanken, sehen wir dichten grünen Wald. Nehmen wir uns die Mühe auf uns, höher zu steigen, dann kommen wir auf Wiesen, in den kleine dunkelblauen Seen liegen, die so tief sind, dass wir meinen, sie seien endlos. Steigen wir weiter, kommen wir an unendlich vielem Geröll vorbei, an Wasserfällen, an denen wir Lust haben, uns drunter zu stellen, doch haben wir auch ein wenig Furcht davor. Wir sehen in der Ferne majestätische Gipfel, mit Eis und Eisfahne, wir kommen vorbei an brodelnden Vulkanen, ängstlich ziehen wir schnell weiter …

Die Bibel hat schon was Aufregendes, was Unverständliches, manchmal bleiben wir auch einfach stehen und staunen, manchmal ärgern wir uns auch einfach an Blasen, die wir uns gelaufen haben. Die Bibel hat auch etwas Schmerzhaftes, Ermüdendes, etwas, das man nur mit viel Ausdauer erschließen kann. Von einem Gang, einer Wanderung kommen wir nie mehr als die Alten zurück, sondern als Ergriffene.

(4) Jesus will

Der kluge Mensch sagte zu Einer: „Mit der Lehre von der Auferstehung der Toten kann ich nichts anfangen! Mit Jesus als Auferstandenen auch nicht!“ „Ich weiß“, sagte Einer, „meinst du, dass Jesus Christus mit dir etwas anfangen will?“

(5) Mein Gott

Ein Tänzer tanzte sich in Gott. Ein Musiker musizierte sich in Gott. Ein Schreiber schrieb sich in Gott. Ein Denker dachte sich in Gott. „Was es nicht alles gibt“, sagte Einer. „Und was ist das für ein Gott?“ „Ganz einfach, meiner, jeweils meiner.“ „So viele Götter?“ fragte da Einer und meinte: „Wir sprechen nicht von meinem Gott, sondern sprechen: Unser Vater im Himmel.“

(6) Der All-Gott

Einer traf einen Weltläufigen. Dieser überfiel ihn sofort und sagte: „Alle Religionen haben einen Gott! Und dieser Gott ist immer derselbe. Mal heißt er Allah, mal Jahwe, mal Krischna und Schiva, mal Zeus, mal …“. Einer unterbrach ihn: „Wie schön du das sagst! Du hast nur ein Problem.“ „Was denn, wieso?“ fragte der Weltläufige. „Sagt denn dieser All-Gott auch das, was Gott, der Vater Jesu Christi sagt?“ „Ja sicher, er sagt nur noch viel mehr und manchmal Besseres!“, antwortete der Weltläufige. Einer staunte: „Woher weißt du denn das?“ „Schau dir mal alles an, was in den Religionen so gesagt wird. Und dann nimmst du das Göttliche heraus – und das ist dann das, was der All-Gott sagt!“ Einer konnte vor Staunen kaum mehr sprechen: „Und du kannst das beurteilen?“ „Ja“, sagte der Weitläufige, „ich habe ja das All-Göttliche in mir, kann somit beurteilen, was göttlich ist.“ Eingeschüchtert erwiderte Einer: „Ich habe mit der gesamten Gemeinde Jesu Christi nur den Geist Gottes, des Vaters Jesu Christi in mir. Ich weiß also, wer Gott ist, aber wer dein All-Gott ist … – ich bin sprachlos! Wie du alle Religionen so durchschaust, und Götter und Gott!“

(7) Schellekloppe

„Oh Gott!“ sagte ein Mensch und „Oh Je(sus)!“ Ein anderer rief aus: „Gott sei Dank!“ Da sagte Einer: „Das ist wie beim Schellenkloppen: Man klingelt bei Gott und rennt weg.“ (Kl. Fö.)

(8) Gott bitten

Einer ging zu einer Heiligen: „Ich kann nicht beten.“ Da fragte die Heilige: „Was ist das, beten?“ Da sagte Einer: „Das kennst du nicht? Das ist reden mit Gott.“ „Warum willst du mit Gott reden?“ fragte da die Heilige. „Weil ich ihn um etwas bitten möchte.“ „Worum möchtest du ihn bitten?“ „Um inneren Frieden“, antwortete Einer. „Warum möchtest du Gott darum bitten?“ „Weil er ihn mir allein geben kann.“ „Das klingt gut“, sagte die Heilige. „Und wie würdest du Gott um inneren Frieden bitten?“ „Indem ich mich still hinsetze und sage: Gott, gib mir bitte inneren Frieden. Du weißt, wie durcheinander ich bin.“ Da sagte die Heilige: „Das würdest du also machen. Und warum machst du es nicht?“ Einer verstand noch nicht und sagte: „Ich weiß nicht, welche Worte ich wählen soll.“ Da antwortete die Heilige: „Die Worte, die du gerade gewählt hast. Glaubst du, Gott verlangt Worte von dir, die du selbst nicht verstehst, Worte, die dir nicht aus dem Herzen kommen?“

(9) Du Glücklicher!

Einer kam zu der Heiligen: „Ich habe zu Gott gebetet, habe aber keinen inneren Frieden gefunden.“ „Schade“, sagte die Heilige. „Und warum nicht?“ „Wahrscheinlich wollte Gott mir keinen inneren Frieden schenken.“ „Warum sollte Gott dir keinen inneren Frieden schenken wollen?“ fragte die Heilige. „Äh“, stotterte Einer, „weil er bestimmt was dagegen hat.“ „Wogegen“, fragte die Heilige. „Dagegen dass ich so lebe wie ich lebe.“ Da fiel die Heilige ihm um den Hals: „Du Glücklicher! Hat Gott schon zu dir gesprochen und gesagt, was er an dir nicht akzeptiert? Oh, du Auserwählter! Dann mach es nicht! Dann mach es nicht!“

(10) Dumm gelaufen

Eine Frau kam zu ihrer Freundin und berichtete ihr, sie sei in einer Notlage. Wegen dieser Notlage wolle sie ihr Auto ausleihen. Sie erzählte und erzählte, sie bat und bat. Die Freundin hörte geduldig zu und wollte immer wieder sagen: Ich muss nur den Schlüssel holen. Aber die Frau redete und redete. Nach einer langen Zeit schloss sie ihre Rede mit den Worten: Ich wusste schon, dass das eine blöde Frage war, weil du es mir ja doch nicht geben kannst. Und dann ging sie davon.

(11) Stolzer Schaffer

Einer ging an Gärten vorbei. Ein stolzer Gärtner zeigte ihm sein Werk: „Das hab ich gemacht; nicht Gott!“ Einer nickte, bewunderte und ging weiter. Im nächsten Jahr kam er wieder vorbei. Der Gärtner stand klagend herum: „Das Wetter! Nichts wächst!“ Einer nickte und sagte: „Und Gott…?“ Der geknickte Gärtner antwortete: „Der sollte mal das Wetter ändern!“

Einer traf einen stolzen Firmenbesitzer. Der zeigte ihm sein Werk: „Alles aus eigener Kraft geschaffen!“ Einer nickte und bewunderte. Kurze Zeit später traf er einen geknickten Firmenbesitzer an: „Die Wirtschaftsverhältnisse! Die Globalisierung!“

Einer entdeckte das Nest einer Amsel und sagte: „Du hast es geschaffen. Du kannst stolz darauf sein!“ Da begann die Amsel zu singen.

(12) Klugheit

Ein weises Schaf blökte klug vor sich hin. Ein Huhn gackerte weithin schallend seine Klugheit in die Welt hinaus. Ein Redner palaverte. Oh, sagte die kleine Hausmaus, die sind alle so weise hier, das halt ich nicht aus. Und klug machte sie sich aus dem Staub.

(13) Sich aufgeben

Einer ging mit einem Weisen am Strand entlang. „Ich will mein Ich aufgeben, meinen Willen, mein Wollen“, sagte der Weise zu Einer, „ich will einswerden mit der Natur, dem gesamten göttlichen Kosmos.“ „Schön“, antwortete Einer, „die Qualle hat es schon geschafft, auch die hier am Strand. Mir genügt es erst einmal, den Geist Gottes, der in mir ist, in mich zu wissen. Oh, ist das schwer!“

(14) Reichtum

Als der Reiche die Gleichnisse Jesu vom Reichen Kornbauern (Lk 12,16-21) und vom Armen Lazarus (Lk 16,19-31) gelesen hatte, rief er empört aus: „Oh, Jesus! Ich bin enttäuscht! Du predigst die Neidkultur!“ Aber bis zum Abend hatte er sich wieder beruhigt: „Es gibt reichere Menschen als ich einer bin!“ „Ja,“ sagte Jesus, dann in des Reichen Gewissen, „du hast Recht. Es gibt reichere Menschen. Das sind die, die meinen Willen tun!“

(15) Arme Witwe

Jesus lobte die arme Witwe: „Sie hat mit ihren 50 Cent mehr gegeben als der Mann, der 50 € gab. Sie hat alles gegeben, was sie zum Leben hatte. Der Reiche hat von seinem Überfluss etwas gegeben!“ (vgl. Mk 12,41-44) „Pah!“ sagte der Reiche, „sie hatte es von mir geschnorrt!“ Da sagte Jesus zu ihm: „Mehr hast du ihr nicht gegeben?“

(16) Religionsspiel

Ein Spielfreund bekam eine Idee. Komm, sagte er zum anderen Spielfreund, wir spielen ein Religionsspiel. Wir legen alles, was die Religionen ausmacht, zusammen und wählen dann aus, was uns gefällt. Das gefällt mir, sagte der andere. Und so schrieben sie alles auf Kärtchen. Dann legten sie sie auf den Tisch. Einzige Spielregel: Wir sind tolerant. Beginnen wir:

Erstes Kärtchen: „Gott.“ Einigen wir uns auf kosmische Macht? Einem Gott muss man gehorsam sein, eine kosmische Macht hat man in sich. – Einverstanden.

Zweites Kärtchen: „Jesus Christus.“ Ein paar seiner Lehren ja, aber nicht die Person. – Einverstanden.

Drittes Kärtchen: „Zehn Gebote.“ – Einverstanden, aber nur in modernisierter Form.

Viertes Kärtchen: „Nächstenliebe/Feindesliebe“ – Ja! Das ist sehr wichtig. Aber nur, wenn wir das so verstehen: Jeder muss für sich selbst sorgen und ist für sich selbst verantwortlich. Ok.

Fünftes Kärtchen: „Scharia.“ – Bloss nicht, höchstens die Barmherzigkeitsregeln.

Sechstes Kärtchen: „Gebet.“ – Lieber Meditation. Gebet geht zu einem persönlichen Gott – aber ob er immer bei einem Menschen ist? Sich selbst hat man ja immer dabei. Also Meditation!

Siebtes Kärtchen: „Strenge Meditationsregeln.“ – Bloß nicht!

Achtes Kärtchen: „Entsagung, um sich zu Leeren.“ – Nö!

Neuntes Kärtchen: „Auferstehung oder Reinkarnation.“ – Lieber Reinkarnation, aber das nur als Mensch, nicht als Ratte oder so Ungeziefer.

Zehntes Kärtchen: …

– Ach, hören wir auf, es wird langweilig. Wir haben doch schon unsere schöne Religion.

(17) Gottes Willen nicht tun

Ein Freund sagte: „Nicht nur ihr Christen tut Gutes. Auch andere Menschen und Völker!“ Einer erwiderte: „Das wäre ja auch schlimm, wenn Gottes Schöpfergeist nicht seine Schöpfung erhalten würde.“ „Und wieso denkt ihr, ihr seid besser?“ Einer antwortete: „Wir denken doch nicht, wir sind besser. Im Gegenteil: Wir kennen Gottes Willen und tun ihn nicht!“

(18) Jesus wegreden

Einer traf einen Weltläufigen. „Ihr Christen seid arrogant! Ihr haltet an Jesus als Ausnahmeerscheinung fest!“ sagte der Weltläufige. „Oh!“, sagte Einer, „oh! Wie nennst du das, uns Jesus Christus klein- oder ausreden zu wollen?“

(19) Der Narr

Ein Weiser kam zu einem Heiligen. „Du bist ein oberflächlicher Narr!“ „Du bist weise“, sagte der Heilige, „du hast es sofort erkannt!“ Der Weise: „Du gibst das also zu?“ „Warum denn nicht,“ antwortete der Heilige, „nur in seinen eigenen Augen ist jeder weise, dass du das nicht weißt?“ „Eins zu null für dich“, sagte der Weise. „Aber Menschen halten mich für weise, weil ich in die Tiefen der kosmischen Gottheit eintauche und alles weiß, was es mit den Menschen auf sich hat und sie lehre, sich selbst zu finden.“ „Eins zu null für dich!“ sagte der Heilige. „Eins zu eins!“, verbesserte der Weise. „Wenn du meinst“, sagte der Heilige, „du siehst die Tiefen und lehrst Menschen, sich zu finden, ich selbst bin nur eine Null, ein Narr vor den Menschen! Ich habe zwar eine Eins vor mir, Jesus Christus, aber da Menschen in ihrer Weisheit diese Eins nicht sehen, erkennen sie mich nur als Null, als Narr.“ „Da musst du aber nicht traurig sein“, sagte der Weise. „Weißt du nicht“, sagte der Heilige, „dass Narren glückliche Menschen sind?“

(20) Rückzug und Sendung

Einer zog in die Einsamkeit der Wälder, weil seine Sünde ihn plagte, seine Schuld ihn fesselte. Ich bin frei, wenn ich fern bin von allen Menschen, sagte er sich. Doch von sich selbst konnte er sich nicht befreien, das alte Lied. Einer kroch in sich selbst hinein, die Unfreiheit wurde größer, die Erinnerung an Schuld wurde stärker. Da sah er eines Nachts Jesus Christus an seinem Lager stehen: „Kind, was quälst du dich? Wenn du mir gehörst, bist du frei – und du gehörst mir, ich habe dich befreit! Geh zurück zu den Menschen! Du wirst trotz Bemühungen neue Schuld auf dich laden, du wirst weiterhin falschen Rat geben, du wirst müde sein, wenn du wach sein solltest, die Hand verweigern, wenn du sie reichen solltest, dich ängstlich verkriechen, wenn du helfen solltest. Trotz alledem, du bist frei, weil du zu mir gehörst. Ich habe dich befreit.“ Jesus verschwand. Das Dunkel um ihn herum wurde hell, weil es in seiner Seele Licht wurde.

(21) Gott arbeitet

Einer klagte einem Heiligen: „Du bist ein heiliger Mensch, aber ich bin ein schlechter Mensch. Ich bin überhaupt nicht heilig.“ Da sagte der Heilige: „Du Glücklicher! Du weißt, dass du ein Mensch bist, der sich ändern muss! Danke Gott dafür!“ „Warum das?“ fragte der klagende Mensch. Der Heilige antwortete: „Daran, dass du mit dir unzufrieden bist, kannst du erkennen, dass Gott an dir arbeitet. Heilige sind Menschen, an denen der Geist Gottes arbeiten kann, weil sie ihm gehören. Sein Friede sei mit dir.“

(22) Von Jesus lernen – was man weiß

Vier Menschen kamen zu einem Heiligen und klagten: „Wir wissen nicht, was wir an Jesus Christus haben! Kannst du uns helfen?“ Da fragte der Heilige: „Liebt ihr Jesus Christus?“ „Nun ja“, antworteten diese. Der Heilige fragte: „Bewundert ihr Jesus?“ Sie antworteten: „Das schon eher.“ „Und was bewundert ihr an Jesus?“ fragte der Heilige. Der eine sagte: „Er hat sich den Menschen zugewandt, besonders denen, die kein Ansehen hatten und ausgeschlossen waren.“ Der zweite sagte: „Er hat wunderschön von Gottes Nähe geredet.“ Der dritte sagte: „Er hat Gottes Willen getan.“ Der vierte sagte: „Er hat sich ganz für seine Lehre und die Menschen eingesetzt.“ Da sagte der Heilige: „Tut das auch in Liebe, dann merkt ihr, was ihr an Jesus Christus habt.“ Da fragten die vier Menschen: „Können wir nicht einfacher lernen, was wir an Jesus Christus haben als durch Tun?“ „Nein“, sagte der Heilige. „Nein!“

(23) Gottes Liebe

Einer sang ein Lied voll Inbrunst: „Herr, Deine Liebe ist wie Gras und Ufer, wie Wind und Weiden und wie ein Zuhaus.“ Da fragte ihn ein Heiliger: „Ist Gott nicht auch wie Sturm, der Gras, Ufer und Weiden zerzaust und Häuser zum Einstürzen bringt.“ Da erbleichte Einer und sagte: „So einen Gott will ich aber nicht.“ Da fragte der Heilige: „Werden wir gefragt, was für einen Gott wir wollen? Sollen wir uns einen Gott erträumen oder geht es darum, zu erkennen, wer Gott ist? Du willst ja auch, dass ich dich annehme wie du bist und nicht mit einem Traumgespinst von dir rede.“ Da fragte Einer: „Und woher weiß ich, wer Gott wirklich ist?“ Da sagte der Heilige: „Schau dir Jesus an: Er ist demütig und vollmächtig gleichzeitig. Durch Tod bringt er Leben. Seine Liebe verändert Menschen und lullt sie nicht ein. Geborgenheit schenkt er durch Herausforderung, seine Nähe durch Schmerz, Abschied und Entscheidungsnot.“ „Das ist aber alles schwer,“ sagte Einer. „Nein,“ antwortete der Heilige. „Schau dir Jesus nur genau an. Dann nimmt er dich in Gottes Liebe hinein.“ 

(24) Wenig geben

Einer hörte die Geschichte von Jesus und der armen Witwe. Er hörte, dass Jesus die Witwe gelobt hatte, obwohl sie wenig Geld gegeben hatte. „Oh,“ sagte da Einer, „Wenn das so ist, dann gebe ich auch nur wenig.“ Da fragte der Heilige: „Glaubst du, dass du die Geschichte richtig verstanden hast?“ Da sagte Einer: „Sicher. Wer wenig gibt, wird von Jesus gelobt.“ Da sagte der Heilige zu sich: „Warum sollte es Jesus besser gehen als anderen Menschen: Auch bei ihm versteht jeder nur das, was er verstehen will.“ Einige Monate später sah der Heilige, dass Einer mehr spendete als sonst. Und er fragte ihn: „Wie kommt es, dass du mehr gibt’s, du wolltest doch weniger geben?“ Da sagte Einer: „Weißt du, als ich weniger gab, hörte ich Jesus sagen: Gib noch weniger. Und dann gab ich noch weniger. Ich hörte Jesus wieder sagen: Gib noch weniger – und dann gab ich bald gar nichts mehr. Und dann hörte ich Jesus sagen: Merkst du, wie reich du wirst und wie arm dein Herz ist? Ich schämte mich – du glaubst es kaum – vor der armen Frau, die Jesus gelobt hatte.“

(25) Falscher Weg – richtig

Einer sagte einmal zu dem Heiligen, als er auf sein Leben zurückschaute: „Hätte Jesus Christus mich doch damals an dieser einen Weggabelung besser beraten und mich den anderen Lebensweg geführt!“ Da sagte der Heilige: „Was wäre dann geschehen? Dann stünden wir hier, und du würdest mir dasselbe sagen! Mensch, das Leben, das du gelebt hast, war dein Leben. Akzeptiere es. Klage nicht! Jesus Christus war damals dabei, als du dich für diesen Weg entschieden hast. Er war dabei, als du dich für deinen Partner, für deinen Freund und Freundin entschieden hast. Er war dabei, als du dich für deine Arbeit entschieden hast. Klage nicht! Dein Leben ist zu kostbar, als dass du es bedauerst. Jesus Christus war bei dir – und lass dir das genügen! Lebe dein Leben weiter, indem du Gott ehrst und den Nächsten liebst.“ Da sagte Einer: „Aber was ist mit der Krankheit. Was ist mit der Not, die mich und meine Freunde getroffen hat. Wo war unser Hirte, Jesus Christus, da? Er war weg, obwohl ich nach ihm rief.“ Und der Heilige fragte: „Hast du mal ein Kind gesehen, das in einem Alptraum geschrieen hat? Die Eltern waren neben ihm, hielten die Hand, legten die Hand auf die Stirn, doch es fühlte sich ganz allein mit dem Schlimmen, das es gerade erlebte. Schweiß gebadet wälzte es sich herum, bäumte sich auf – bis es dann ganz ruhig wurde unter der Hand der Eltern. Und so ist auch Jesus Christus, dein Hirte, bei dir. Und wenn du mal bei ihm sein wirst, dann wirst du ihn nichts mehr fragen, weil du dann verstehen wirst, was dich jetzt noch so bedrängt.

(26) Eigene Wege

Es ist Nacht. Eine Jugendgruppe macht eine Nachtwanderung. Es wird ein Seil ausgelegt. Dieses Seil weist den Weg zum Ziel. Sie ergreifen das Seil, spüren es an ihrer Hand und gehen an ihm entlang auf das Ziel zu. Einer sagt: Das ist mir zu blöd. Ich weiß, wo das Ziel ist. Ich bin schneller da, wenn ich einen anderen Weg gehe. Wer geht mit? Ein paar gehen den Weg im Dunkeln auf das Ziel zu – losgelöst vom Seil. Was er sagte klingt logisch. Sie stolpern. Sie rutschen, sie geraten in Brombeerhecken, sie rempeln an Baumstämme. Sie kommen an einen Bach und werden beim durchqueren nass und beginnen zu frieren, zu fluchen, zu verzweifeln.

Die Bergpredigt ist eine Richtschnur. Keiner muss sein Leben an ihr entlanghangeln. Gott, der Vater Jesu Christi hat uns zu freien Menschen gemacht. Nur: Wenn wir eigene Wege gehen – müssen wir uns nicht bei Gott beschweren.

(27) Ganz aufgeregt

Eine alte Frau lebte in ihrem Zimmerchen. Tagaus, Tagein. Sie wurde geplagt von kleinen Schmerzen, die ihr aber sehr groß schienen. Sie ärgerte sich maßlos über Menschen, die sich ihr gegenüber ein wenig anders verhalten haben, als sie es sich gewünscht hatte. Lange hafteten ihre Gedanken an diesen Unpässlichkeiten. Sie wurde immer grantiger und missmutiger. Auch wies sie Menschen von ihrer Tür zornig weg. Eines Tages bekam sie einen Brief. Der König wollte mal sehen, wie alte Menschen in seinem Land so leben und so plante er, sie in zwei Wochen zu besuchen. Sie wurde ganz aufgeregt. Sie machte Pläne für das Essen, sie räumte auf, sie putzte. Sie kaufte Blumen und buk und kochte und wusch und zupfte. Die kleinen Schmerzen plagten sie nicht mehr. Kam ihr ein anderer Mensch quer, nahm sie es nicht übel, bemerkte es gar nicht; und wenn ein Mensch an ihre Tür kam, überhäufte sie ihn mit dem Selbstgebackenem. Sie konnte nicht mehr übellaunig sein, denn sie hatte anderes zu denken und tun: Der König kommt. Sie hatte ein anderes Ziel: Dem König sollte es gut bei ihr gehen und mit ihm allen Menschen.

Und so geht es auch Christinnen und Christen. Sie schauen auf den kommenden König, sie schauen auf den, der sie zu sich nehmen wird. Er steht ihnen im Sinn. Er allein. Und so prägt dieser König den Alltag der Christen.

Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.

(28) Weihnachten

„Oh“, klagte Einer dem Heiligen: „Ich hatte traurige Weihnachten.“ „Warum denn?“ fragte der Heilige. „Weil ich Gott nicht gespürt habe“, antwortete Einer, „es war überall Durcheinander, mit den anderen, in mir! Alles war da – nur Gott nicht.“ Da sagte der Heilige: „Ich habe Gott auch nicht gespürt!“ „Schade“ sagte der Klagende. „Warum schade?“ antwortete der Heilige. „Gott ist bei uns, auch wenn wir ihn nicht sehen, er ist bei uns, auch wenn wir ihn nicht denken können, er ist bei uns, auch wenn wir ihn nicht spüren. Er ist sogar da, wenn wir glauben, er habe uns verlassen.“ „Woher weißt du das?“ frage der Klagende. „Sieh auf das Kind in der Krippe. Gott kam in der Nacht, in der Dunkelheit zu uns Menschen – und kaum einer hat es gemerkt. Aber er ist da. Und keiner kann ihn mehr verdrängen. Auch unser Gefühl nicht. Darum: Frohe Weihnachten!“

(29) Gott bringt nichts

Einer sagte dem Heiligen: „Der Glaube an Gott bringt mir nichts.“ Da fragte der Heilige: „Was soll er dir denn bringen?“ Einer antwortete: „Weniger Sorgen und Probleme, eine nettere Frau und nettere Arbeitskollegen, fügsamere Kinder, bessere Gesundheit, mehr Geld, gutes Wetter für meine Party …“. Da unterbrach ihn der Heilige und sagte: „Was du möchtest, ist eine gute Fee, die dir hundert Wünsche freigibt. Aber du hast es mit Gott zu tun, den mächtigen Gott, der lebt und regiert – und das, ob du glaubst oder nicht. Du hast es mit Gott zu tun, den Schöpfer des Himmels und der Erde, der über Leben, ewiges Leben und Tod entscheidet; mit Gott, der sogar solche Typen wie dich und mich liebt!“ „Amen!“ sagte der Mensch grinsend und ging seines Wegs. Da freute sich der Heilige über Gott, weil er auch diesen Menschen liebt – aber mit traurigem Herzen.

(30) Warts ab

„Ich glaube an Gott, ich hab einen Gott“, sagte Einer. „Gut,“ sagte der Heilige, „du hast Gott? Ich habe keinen.“ „Aber wieso bist du dann der Heilige?“ (Es gibt keinen Gott, sagte der skeptische Mensch. Stimmt, sagte der Heilige. Stimmt?) Fragte der Mensch? „Ja. Ich wollte Gott fangen, mit Gedanken, mit Weltbeobachtung, indem ich Menschen beobachtete, und die Tradition aufnahm – und sobald ich meinte, ich hätte ein Zipfelchen von Gottes Mantel erwischt, war er wieder weg.“ „Und wieso glaubst du dann an Gott?“, fragte Einer. „Tja, ich konnte Gott nicht fangen. Er fing mich!“ „Verstehe ich nicht“, sagte Einer. „Ich auch nicht“, sagte der Heilige. „Aber auf einmal, nach langen Jahren des Suchens sagte Gott: Jetzt hab ich dich gefunden. Was soll ich sagen? Seine Liebe durchströmte mich, seine Gnade umfing mich, seine Nähe wärmte mich.“ „Und was hab ich davon, dass er dich gefangen hat, ich hab ihn nicht?“ Da blinzelte ihn der Heilige freundschaftlich an und sagte: „Warts ab!“

(31) Feiern im Licht

Ein Heiliger sagte träumerisch: „Ich möchte so gerne mit Jesus feiern. Stell dir mal vor, wie wunderschön es war, als er auf der Erde lebte und alle mit ihm gefeiert haben, mit ihm fröhlich waren. Sie waren ganz nah an ihm dran, konnten ihn hören und berühren!“ Da sagte der Mensch ungerührt: „Aber denk dran: Du müsstest auch mit denen feiern, die du nicht magst, deren Anwesenheit du ärgerlich finden würdest.“ „Ach,“ sagte der Heilige: „Gott wird den anderen schon so verändern, dass ich ihn mögen kann.“ Nach einer Weile sagte er: „Oh, oh, er wird auch mich verändern, dass ich den anderen lieben kann. Na ja, Hauptsache, wir feiern im Licht Jesu Christi – und das wäre wunderschön.“