(1) (Ein Thema: zwei Gedichte)

Kleiner Federball.
Morgens stolzer Gesang – am
Abend überfahr´n.

*

Kleiner Federball,
morgens singst du munterstolz
über Hausdächer,
abends liegst du zerfedert
im Straßenranddreck.

(2) Wer kann schon eine Rose beschreiben,

mit Worten? – Sie versagen,
sie tauchen ein in dem schönsten aller Rot
– betörendem Rot;
sie versinken im tiefsten aller Düfte
– schillerndem Dufthauch;
sie verstrudeln in den Formen der Blüten
– in verwirbelter Weltenordnung.
Wer kann schon eine Rose malen,
mit einem Pinsel? – Er versagt,
er taucht ein, die Farben werden leere Phantasie,
der Duft, oh, Duft – wo bleibst du?
Form und Farben – kleines Nimmerblatt!?
Worte versagen,
sehe ich Dich,
ich versinke
verstrudle
atemlos
betört

(3) „Oh, Gott, Unordnung

in deinem Garten. Lass mich
Ordnung schaffen!“ „Nein!“
„Oh, Gott, Rübe und
Kraut wildes Durcheinander.
Ich reiß es aus!“ „Nein!“
„Oh, Gott, du schlechter
Gärtner!“ „Sei ruhig, mein Kind,
schau dir genau an:
Ich lieb´ das Wunder:
Aus so manchem Kraut wird noch
´ne Rübe wie du.“

(4) Neue Welt:

„Glück und Glas
wie leicht bricht das.“
Glück zerbricht
Glas nicht.

(5) Die Hoffnung –

ein Wunder.
Das zarte Pflänzchen keimt,
wird groß und blüht,
auch ohne Nahrung,
trotz Rückschläge.
Gott vertrauen zu können –
ein Wunder Gottes.
Das zarte Pflänzchen keimt,
wird groß und blüht,
genährt von Gott –
in Rückschlägen Geborgenheit.

(6) Manchmal fühle ich mich wie ein Löwenzahnschirmchen:

zart und doch voller Kraft,
vom Wind getrieben und doch hoffnungsvoll,
gefallen und doch wurzelnd, blühend, schön.
Mein Gott, Zartheit und Kraft,
mein Gott, Wind, der mich trägt,
mein Gott, Erde, die mich empfängt –
um neu zu wurzeln: blühend, schön.
Mein Gott, manchmal fühle ich mich schon hier,
geborgen in Dir.

(7) „Vorsicht, frisch gestrichen!“

klebt vergilbt in Fetzen
an der abgeblätterten Wand.

(8) Dartspiel im Vorstadtkaffee mit Freunden.

Plastikblumen auf schmuddeligen Tischen.
Vorgestern.
Gestern.
Heute.
Morgen.
Übermorgen.
Täglich, mit Bier bis zum Mittag.
Stolz über den Sieg.
Manchmal.

(9) Aiaiai,

es ist Mai,
kommt herbei!
Die Vöglein singen,
die Tierlein springen,
die Mücklein zwingen
uns ins Haus.
Das Fest ist aus.
Oh, Graus.
Oh, Graus?
Das Fest ist aus?
Im Haus?
Im Haus – welch ein Singen,
im Haus – welch ein Springen,
im Haus – wir bringen
dem Mai ein Ständchen
und halten unsere Händchen:
Aiaiai,
es ist Mai,
kommt herbei!

(10) Wir haben elektrisches Licht

und sehen doch nicht.
Wir kommen schnell fort,
bleiben jedoch am selben Ort.
Wir haben ein Haus,
fühlen uns einsam, unbehaust.
Wir hören Infos von überall her,
doch verstehen wir gar nichts mehr.
Wir essen uns satt
und fühlen uns matt.
Wir lieben uns selbst sehr,
doch den Großen Liebenden finden wir nicht mehr.

(11) Golddurchflutet ist der Raum,

dunkelfinster ist das Herz,
die Sonnenflut erkennt es kaum,
zu groß ist der Schmerz.
Kaum
im Raum
das Herz
– Schmerz.
Sonnenflut ergreift das Herz,
golddurchflutet vertreibt sie Schmerz –
man hört es kaum,
leises Singen durchzittert den Raum.

(12) Da schreit ein Bote: Leut, es brennt!

Da sagt ein anderer, der ihn kennt:
Dieser Bursch hat Dreck am Stecken,
also müssen wir die anderen nicht wecken.
Und lichterloh brennts Häuschen ab
unds Dörfchen zieht es mit ins Grab.
Und die Moral von der Geschicht:
Glaub der Wahrheit –
auch wenn sie ein Unwürdiger spricht.

(13) Universaler Unterschied.

Der Mensch lebt,
um zu sterben.
Der Mensch stirbt,
um zu leben.
Jeder Lebenstag
ein Schritt zum Leben,
ein Schritt zur Verwandlung,
ein Schritt in Gottes Licht.
Schmerzhaft,
vielleicht.

(14) Dem Staub Leben entlockt,

dem Schwarz Bilder entdeckt,
dem Nichts Worte entspürt,
Gemeinde, Kerzen, Freudenlieder –
Mein Herr, mein Gott,
Ostern!

(15) Das Gebet wird stumm.

Die Sehnsucht schreit.
Gott kommt – ganz
leise herbei:
Licht.

(16) Bunte Kissen und

Laken gewebt vom Frühling.
Von Sonne bedeckt.

(17) Menschenkinder (5 Haikus)

Mit viel Lärm tuckert
der dicke Mopedfahrer
die Brücke hinauf.

Spießbürgerliches
Leben verabscheute er –
fand selbst jedoch keins.

Ganz stolz blickte er
in die Zukunft, die in der
Vergangenheit liegt.

Erst war er stolz – nun
tappt er nur noch müde in
seiner Uniform.

Die Fahrradhose
kneift in ihrem Schritt – aber
Blickfang für Männer.

(18) Ich seh mich über eine blühende Wiese gehn,

so bunt, so hell, so Mittagswunderschön,
als Kind, gehüllt in hohes Gras, in Blütenduft.
Gefüllt mit Summen und Gezwitscher ist die Luft.
Frieden umfängt mich wie das Licht der Sonne,
mein ganzes tanzendes Wesen ist pulsierende Wonne.
Sonnenlicht, so herrlich, so warm
umstrahlt mich mit seinem streichelnden Arm.
Der Wind, der Wolkenbilder malt, spielt mit meinem Haar,
ich bin nicht in der Welt, ich bin einfach nur da.
In einer Freiheit und Freude tanze ich und springe,
die nur der gute, der ewige Hirte geben kann.
Ich spüre ihn tief im Herzen und singe.
Ich bin ihm nah.

(19) Hand, du hast

viel Samen gesät,
Menschen gesehn
und Krüge geformt.
Hand, du bist
von Scherben benarbt,
mit Schwielen bestückt,
gezeichnet von Bewegungen,
verunstaltet von Wasserrunzeln.
Hand, zu viel
hast du versäumt.

(20) Die Amsel wartet

Frierend, zitternd auf ihren
Gesangseinsatz. Jetzt –
Die Menschen warten
müde und hoffend auf ihren
Lebenseinsatz. Jetzt –

(21) Das kann es doch nicht sein.

Menschenrechte mit Füßen treten,
um sie durchzusetzen,
ungerecht handeln,
um Gerechtigkeit zu wirken,
den anderen verachten,
um Respektlosigkeit zu widerstehn,
ein liebloses, kaltes Herz zeigen,
um die Welt liebevoll zu machen,
anderen den Tod wünschen,
um das Leben zu ehren.
Die Unmenschlichkeit des Gegners
färbt auf mich ab:
Ich bekämpfe im Gegner
mich selbst.
Das kann es doch nicht sein.

`(22) Gott liebt den Menschen – sichtbar in Jesus Christus.

Der Mensch liebt Gott – in Jesus Christus.
Der Mensch liebt andere Menschen – in Jesus Christus.
Der Mensch liebt sich selbst – in Jesus Christus.
Bis er Ruhe findet in der großen Liebe – in Jesus Christus.

(23) Listig.

Krähe, Bote des Winters,
deine Stimme ist unpassend
im Frühjahr.
Sag das nicht,
sie gehört zum Chor
der vielen kleinen
Sängerinnen und Sänger.
Nur schweigen sie noch.
Ich will sie wecken.

(24) Wer das Licht bekämpft,

liebt die Dunkelheit, das Licht
jedoch bleibt bereit.

(25) Hänschen klein ging allein

in die weite Welt hinein.
Trank aus vielen großen Flüssen,
aus den bittern, aus den süßen,
verlor den Stock, salbadert gut,
manchmal mit – mal ohne Mut.
Aber Hänschen weinet sehr,
hat ja keine Mutter mehr.
Da besinnt sich das Kind –
läuft nach Hause –
in den Wind.

(26) Der Tod schmückt sich mit

Blumen. Übersehen steht
abseits leer das KREUZ.

(27) Frühstück

Der Kaffee brüht,
wer hat ihn wohl geerntet?
Die Hose sitzt,
wer hat sie wohl gewebt?
Der Teppich wärmt,
wer hat ihn wohl geknüpft?
Das Brot schmeckt gut,
wer hat es wohl gebacken?
… die Maschine?
Doch wer hat sie bedient,
im Kongo, in Indien und irgendwo hier?
Wie lebt der Mensch?
Was denkt er – was denkt er sich dabei?

(28) Du wirst frei.

Hole die Ewigkeit
in die Zeit
– du bist frei.

(29) Kindheit

Den flockigen Schnee
mit offenem Mund fangen.
Die Augen glänzen.

(30) Verzweifelt surrt die Biene

an der Scheibe.
Die Freiheit ist erkennbar –
unsichtbare Härte hindert.
Jeder Versuch trifft empfindlicher.
Nimm mein banges Herz,
setz es in die Weite des Windes,
setz es in die Wellen des Duftes.
Halte mein banges Herz –
behutsam, HERR der Freiheit.

(31) Schneemann, Schneemann,

jetzt bist du dran,
sagt der Klimaexperte.
Doch Schneemann erhebt stolz sein Haupt,
weil er nicht an die Klimaerwärmung glaubt.