(1) Eine Kerze

Eine Kerze sah einmal eine andere Kerze leuchten. Sie wollte auch so leuchten und strengte sich bis in die letzten Wachsfasern an, um leuchten zu können. Sie sehnte sich danach, träumte davon: Ich will leuchten! Eines Tages kam ein angezündetes Streichholz in ihre Nähe. Geh weg! schrie sie, Geh weg! Wenn du mir zu nah kommst, dann brennst du mich an, dann werde ich hässlich, ich bleib nicht mehr ich selbst und vergehe! So geht es uns auch mit Jesus Christus: Wir träumen uns ein Leben mit ihm. Doch kommt er uns zu nah, schrecken wir zurück. Und wir vergehen, ohne das zu werden, wozu Gott uns bestimmt hat: Als sein Licht den Menschen Licht zu bringen.

(2) Salz der Erde – Licht der Welt

Einer sagte sich: Ich bin, wie Jesus mir zugesagt hat, das Salz der Erde und das Licht der Welt. Doch was muss ich tun, um es auch zeigen zu können? Und Einer ging sinnend durch die Stadt. Da kam ein Mann auf ihn zu: Hast du ein paar Cent für mich? Einer hörte es und hörte doch nicht und ging sinnend weiter. Da sah Einer eine Frau hilflos vor einer Treppe mit ihrem Rollstuhl hantieren. Er sah, sah doch nicht, ging sinnend weiter. Da sah Einer, wie ein Fremder angepöbelt wurde. Er sah und hörte, sah und hörte nicht und ging sinnend weiter. Einer sah ein Nagelbrett auf der Straße liegen – er sah, sah doch nicht, ging sinnend weiter. Was kann ich nur tun, um zu zeigen, dass ich Salz der Erde und Licht der Welt bin? Da sprach Jesus zu ihm mitten am hellichten Tag, mitten auf der Kreuzung: Du bist nur Salz und Licht, weil ich es in dir bin. Darum kehr um: Heb das Brett auf, bewahre Menschen vor Schaden, hilf dem Bedrängten, hilf der Hilflosen, gib dem Bedürftigen.

(3) Die Mitte

Ein Narr stellte sich auf die Straße und knappte viele Speichen seines Fahrrades von der Nabe ab. Vorne und hinten. Er setzte sich drauf – und fuhr los. Das Fahrrad krachte zusammen – und alle hatten ihren Spaß. Am nächsten Tag geschah dasselbe am reparierten Rad. Die Leute schüttelten den Kopf. Am dritten Tag knappte der Narr wieder Speichen von seinem Rad, fuhr los – die Leute waren ratlos, er ist wirklich ein Narr. Als er es am vierten Tag wieder machte, fragte ihn einer: Warum machst du das? Damit ihr seht, dass ein Rad nicht fährt, ohne dass es mit der Mitte verbunden ist. Da sagten die Leute, das weiß doch jedes Kind! Da sagte der Narr: Lasst Jesus Christus die Mitte eures Lebens sein, sonst geht es euch so wie mir.

(4) Der kranke Heilige

Ein Heiliger war krank am Leib. Da sagte ein anderer kranker Mensch zu ihm: Du bist doch ein Heiliger, du bist Gott nah, du tust seinen Willen – und doch bist du krank? Du armer Mensch! Da sagte der Heilige: Dreh dich mal um. Siehst du den schönen Sonnenaufgang? Er drehte sich um und sah diesen Sonnenaufgang und wurde von ihm ergriffen. Da sagte der Heilige: Wenn du trotz deiner Krankheit von einem Sonnenaufgang ergriffen wirst, wievielmehr ergreift uns Gott auch in unserer Krankheit? Er berührt meine Seele mit seiner Nähe und sie wird ruhig, mit seinem Wort richtet er den Leib auf und birgt ihn in seinen Frieden, mit seiner Liebe schenkt er mir seine ewige Zukunft und nimmt mir die Angst. Ich bin nicht arm. Mein ganzer Reichtum ist Gott in mir, Gott vor mir, Gott bei mir.

(5) Der Cent-Mensch

Einer ging durch die Stadt. Da stand ein Mann an der Hauswand und bat um Nahrung. Einer ging weiter. Er sah ein Kind allein herumirren. Einer sah weg und ging weiter. Er sah eine Mutter mit Kinderwagen an einer Treppe stehen, sie kam nicht runter. Einer sah und ging weiter. Eine verwirrte alte Frau stand am Straßenrand. Einer sah und ging weiter. Einer sah einen Cent auf der Straße liegen. Einer sah ihn, bückte sich und hob ihn auf. Da sagte der unsichtbare Begleiter zu Einer: Ist der Cent für dich mehr Wert als diese Menschen?

(6) Das geht mich nichts an

Einer sah auf seinem Spaziergang, dass sich ein Dachziegel gelöst hatte und ein wenig nach vorne gerutscht war. Da dachte er: Das geht mich nichts an. Am nächsten Tag hörte Einer Martinshörner. Da dachte er: Das geht mich nichts an. Am nächsten Tag las Einer im Lokalteil der Zeitung, dass ein Mensch von einem Dachziegel schwer verletzt worden sei. Da dachte er: Das geht mich nichts an. Als Einer Nachmittags geschniegelt und gestriegelt bei seinem Freund zum Geburtstagskaffee klingelte, öffnete sich die Tür. Seine Bekannte sagte traurig: Die Feier findet nicht statt, dein Freund wurde gestern von einem Ziegel sehr schwer verletzt. Da wankte er, schnell hielt er sich an dem Gedanken fest: Das geht mich nichts an.

(7) Leere Hände

Vor Gott stehen wir Menschen. Manche bringen vor Gott volle Hände: Schau, Gott, wie toll ich gerackert habe! Mit vollen Händen komme ich zu Dir! Und Gott schaut sich die vollen Hände an, und fragt: Du, Mensch, wenn Du Deine Hände schon voll hast, wie willst Du denn mein Geschenk annehmen? Und der Mensch schaut voller Stolz seine Werke in seinen Händen an. Dann sagt der eine: Gott, nimm Du sie. Sie sind nichts. Ich will Dein Geschenk annehmen. Und er übergibt Gott alles was er getan hat, das Gute und das Böse, das, worauf er stolz ist und das, was ihn beschämt. Gott nimmt es und füllt die leeren Hände des Menschen, sie leuchten gefüllt mit der Freundlichkeit Gottes, gefüllt mit Jesus Christus, dem Kind in der Krippe. Und je mehr der Mensch von diesem Reichtum weitergibt, das Gott ihm in die Hände gegeben hat, desto mehr füllen sich die Hände.

Der andere Mensch schaut ebenfalls stolz auf die Werke in seinen Händen. Er kann sich von ihnen nicht lösen. Er sagt zu Gott: Kannst Du mir wirklich mit besserem die Hände füllen, als was ich geschafft habe? Und er dreht sich um und geht mit seinen vollen Händen von Gott weg. Seine Hände sind voller Glitzerkram. Und er gibt nicht weiter, weil er Angst hat, etwas von seinen Werken, auf die er so stolz ist, zu verlieren.

Und es gibt einen weiteren Menschen: Er steht mit leeren Händen vor Gott. Und Gott spricht zu ihm: Deine Hände sind leer, darf ich sie mit meiner Freundlichkeit füllen? Voller Vorwürfe reagiert der Mensch: Gott, wie kannst Du mir sagen, dass meine Hände leer sind? Wie kannst du so grausam sein, mir meine Mangelhaftigkeit vorwerfen? Du wirst sehen! Ich bekomme sie schon allein voll. Du wirst sehen: Du kaufst mich nicht mit deinen Versprechungen, mir die Hände zu füllen! Und da sagt dann Gott: Wenn du über deine leeren Hände erschrocken bist, zerstöre dich nicht. Komm zu mir, ich fülle sie dir.

(8) Eingetauschte Geschenke

Einer schenkte seiner Frau ein Geschenk. Sie schenkte ihrem Mann ein Geschenk. Kaum ausgepackt – schon tauschten sie es um. Es gefiel ihnen nicht. Sie kamen nach Hause. Da erhob der goldene Engel an ihrem Tannenbaum die Stimme und fragte: Christus hat sich euch geschenkt – wogegen tauscht ihr ihn ein?

(9) Es ist dumm

Einer beklagte sich bei einem Menschen: Ich wünsche mir so sehr, dass sich Gott mir zu erkennen gibt, dass er mir nahe ist, dass er mein Leben in seiner Hand hält und mich führt. Da antwortete der Mensch hart und ganz ungerührt: Ist das nicht dumm, wenn man durstig ist, und nicht vom Sessel aufsteigt, um zu trinken? Ist das nicht dumm, wenn man Forscher werden will und in der Schule nicht lernt, um sein Ziel zu erreichen? Ist es nicht dumm, wenn man Fit und stark bleiben will und nur vor dem PC hockt? Ist es nicht dumm, wenn man sein Leben ändern will, aber nicht bereit ist, auf die alltäglichen Dinge, die sich eingerissen haben, zu verzichten? Es ist dumm, wenn man Gott nahe kommen will, aber nicht die Schritte geht, die Gott uns zumutet: Bibellesen lernen, beten lernen, auf Gott hören lernen, den Glauben leben lernen. Und Einer hörte das, schwieg, drehte sich um und ging. Auf Gott zu? An Gott vorbei? Gott weiß es.

(10) Dunkelmensch

Ein Mensch lebte in einem dunklen Raum. Tag für Tag, Nacht für Nacht. Da kam ein anderer, der sich gewundert hatte, dass in diesem Haus die Rolläden immer geschlossen waren zu diesen Menschen. Irgendwo in einem der hintersten Zimmer fand er den Bewohner. Und er sagte ihm: Mensch, was sitzt du hier drin! Draußen gibt es Licht! Sonnenlicht, Mondlicht, Licht der Straßenlaternen! Mensch! Draußen gibt es Farben, unendlich viele Farben, rot, grün, gelb, blau – in allen Kombinationen! Und so schwärmte der Besucher vor. Da sagte der Dunkelmensch: Ich glaubs Dir nicht. Da sagte der Besucher: Komm nur raus! Dann zeige ich es dir – was heißt, ich zeige es dir: Bist du mal draußen, siehst Du es selbst! Der Dunkelmann wurde unruhig: Geh, geh, geh! Ich glaube dir kein Wort! Alles ist dunkel, immer ist es dunkel, du phantasierst. Farben kann es nicht geben. Licht! Ich verstehe dieses Wort nicht einmal! Geh – du sprichst in Rätseln.

Schlussversion 1: Da ging der Besucher traurig aus dem Dunkelhaus.

Reden Menschen von Gott sprechen sie in Rätseln, man versteht sie einfach nicht, will man sich nicht in das Licht Gottes selbst stellen.

Schlussversion 2: Da packte der Besucher sein Schlüsselanhängerlämpchen aus und knipste es an. Da erschrak der Dunkelmann, war aber glücklich: Das ist Licht! Jetzt brauche ich nicht mehr mit dir mitgehen. Ich habe jetzt schon das Licht. Licht, Licht, Licht – mehr gibt es nicht. Da sagte der Besucher: Du Dummkopf! Komm nur mit! Das ist doch nur ein Lichtlein!

So verwechseln Menschen das Gotteslicht mit ihren kleinen selbst fabrizierten Lichtlein.

(11) Undenkbar

Vor 5000 Jahren ging ein Ägypter an den Pyramiden vorbei. Auf einmal fiel ein LapTop vom Himmel vor seine Füße. Er untersuchte das Ding. Er fand die Knöpfe zum entriegeln, er klappte den Bildschirm hoch, fand den Knopf zum anmachen, drückte auf die Tasten. Dann rannte er zu den Menschen in die Stadt: Ich habe was vom Himmel fallen sehen, einen schwarzen Kasten, der hat ein Bildschirm und Tasten – doch all das konnte er nicht sagen, weil es das alles noch nicht gab … Er setzte von neuem an: Das Ding, das da vom Himmel fiel, hat so Dinger wie kleine schwarze Steinchen und da sind Buchstaben drauf – halt auch das konnte er nicht sagen, da es ja so was wie Buchstaben nicht gegeben hat … Er war verzweifelt. Er konnte nicht mitteilen, was er gefunden hat. – Wie schwer fällt es uns, etwas über Gott mitzuteilen. – Das Schlimmste war: Keiner seiner Hörer rannte mit ihm mit, um sich das sonderbare Ding anzusehen, da ihr Verstand sagte: Der ist ja bescheuert. Wir können sowas nicht denken, also gibt’s sowas auch nicht und wird es nie geben.

(12) Taunusmann und Wüstenmensch

Ein Mensch lebte in der Wüste. Er sah nie etwas anderes als Wüste. Sand, manchmal Dornen, manchmal einen Käfer – aber sonst nichts. Da kam einer aus dem Taunus vorbei. Mit Motorrad und Klamotten. Der erzählte dem Menschen: Da, wo ich herkomme, da gibt es Bäume. Da fragte der Mensch: Was ist das: Bäume. Da sagte der Taunusmann: Der Stamm ist aus Holz und dann sind da Äste und Blätter dran. Da fragte der Wüstenmensch: Was ist das, ein Stamm, was ist Holz, was sind Blätter … Der arme Taunusmann begann zu stottern – was auch immer das ist, da gibt es viel Regen und manchmal kommt aus den Wolken ein Regenbogen in allen Farben! Da sagte der Wüstenmensch: Du bist ein kluger Mann. Doch wovon sprichst du? Ich verstehe gar nichts, nur Worte, Worte, Worte, dass mir der Kopf dröhnt. Doch halt! „Dröhnen“ konnte er gar nicht sagen, er kannte nämlich auch keine Trommeln. Darum sagte er dann: Ich verstehe gar nichts, nur Worte, Worte, Worte, dass mir der Kopf schwer wird, als sei eine Sanddüne drin. Da fiel dem klugen Taunusmann ein: Ich lade dich auf mein Motorrad und zeige dir alles. Dann siehst du, was ich meine. Menschen verstehen schon Irdisches nicht und wir wollen von Gott erzählen? Viele Worte machen nur Sehnsucht nach Gott, doch helfen sie nicht. Man muss ihn selbst erfahren wollen.

(13) Schiefer Gesang (Nachruf H.K.)

Ein Mann sang in Gottesdiensten kräftig, laut – und falsch. Ich sagte ihm: Sie singen aber kräftig! Dann sagte er: Und schief. Aber ich singe für Gott. Er liebt mich und ich liebe ihn. Und wenn er gewollt hätte, hätte er mir eine bessere Stimme gegeben. Aber ihm scheint auch mein schiefes Singen zu gefallen. Nun ist er bei Gott, dem Geliebten.

(14) Gefüllter Napf

Eines Nachts träumte ich: Ich säße als Bettler an einer Straße, habe einen Blechnapf in der Hand. Da kam Jesus Christus vorbei. Er wollte etwas hineinwerfen, aber es fiel herunter. Er bückte sich, nahm es auf – und wieder fiel es herunter. Dann nahm er es wieder auf und sagte: Ich kann dir nichts geben. Dein Napf ist so voll mit Krimskrams, dass das, was ich dir geben möchte, nicht drauf bleiben kann. Ich sah auf meinen Napf – er war gefüllt mit irgendetwas. Und ich war sehr traurig.

In der zweiten Nacht träumte ich wieder, ich sei ein Bettler. Ich saß mit meinem Blechnapf an der Straße. Ich achtete sehr darauf, dass er leer ist, damit er das aufnehmen kann, was Jesus Christus mir gibt. Er kam tatsächlich, warf etwas in meinen Napf. Ich sah es – es war ein Buch, wohl die Bibel – und sagte ihm: Hast du nicht mehr? Das gefällt mir nicht. Er nahm das Buch und ging. Dann weinte ich, dass ich nicht das angenommen hatte, was er mir gegeben hat.

In der dritten Nacht träumte ich wieder: Ich sei ein Bettler. Ich saß an der Straße und achtete sehr darauf, dass der Napf leer ist und nahm mir vor, alles anzunehmen, was Jesus Christus mir gibt. Doch – er kam nicht. Ich wartete und wartete – er war nicht zu sehen. Da bekam ich Angst, ich schrie: Jesus komm wieder, ich brauche dich so sehr! Ich erwachte, ich zitterte am ganzen Leib, meine Tränen rannen, weil ich Jesus Christus verloren hatte. Auf einmal berührte er meine Seele und sagte leise: Fürchte dich nicht. Ich bin bei dir. Und da füllte sich mein Leben mit seinem Licht.

(15) Wichtiges Büchlein

Ein Heiliger sandte vier Schüler aus. Er gab ihnen einen Auftrag: Sucht Wegweiser zu Gott. Nach einer Weile kamen sie wieder. Der erste brachte einen Stein und eine Blume mit. Ein Gott muss sie geschaffen haben. Wenn man sie betrachtet, denkt man an Gott. Der zweite brachte einen Menschen mit: Wer sich einem Menschen zuwendet, der findet den Weg zu Gott. Der dritte kam mit leeren Händen, er brachte sich selbst mit. Gott finde ich in mir. Der vierte brachte ein Büchlein mit. Man nennt es Bibel. Er sagte: Hier ist viel über Gott geschrieben. Da lobte der Heilige seine Schüler und sagte: Ihr habt alle richtig gesehen, aber der vierte mit seinem Büchlein ahnt es. Stein und Blume, Mensch und ich selbst sind nur dann Wegweiser zu unserem Gott, wenn wir dieses Büchlein richtig kennen. Dieses Büchlein ist der Schatzplan, der euch zum Tor Gottes führt.

(16) Der rasende Gärtner

Ein Mensch hatte einen wunderschönen Garten. Doch er hatte keine Zeit. Er raste durch den Garten, tat schnell dies und das Notwendigste, raste wieder heraus, hetzte, während er im Garten war schon in Gedanken wieder in die folgenden Stunden, Tage, Wochen. Er bermerkte gar nicht das vielfältige Duften der Blumen und Gräser. Er sah nicht die bunte Vielfalt, das rot, gelb, grün. Die vielen Mischungen der Farben. Er hörte nicht das Singen der Vögel, das Summen der Insekten. Er spürte nicht den Wind in seinen Haaren, die Sonne auf seiner Haut. Er hetzte nur. Den Garten nahm er gar nicht wahr. Was sagen wir diesem Menschen?: Mensch, lass doch mal! Setz dich hin und lausche auf das Zwitschern und Summen! Achte auf den Wind in deinen Haaren, rieche den Duft des Gartens. Setz dich mal ruhig hin und tanke auf! So ist es auch mit uns: Wir leben schon längst im Haus Gottes. Wir leben schon längst in der Gegenwart Jesu Christi – doch wir bekommen das gar nicht mehr mit. Wir sind in Gedanken so mit diesem und jenem beschäftigt, dass wir ihn in uns, neben uns gar nicht mehr wahrnehmen. Wir sind so sehr mit uns selbst beschäftigt, dass wir an ihm vorüberrasen. Seine Wärme kann nicht in unser Herz hineinkommen, sein Licht kann unsere Gedanken nicht mehr durchdringen, seine Worte hören wir gar nicht mehr in ihrer Tiefe – wenn wir überhaupt noch etwas von ihm hören. Kurz: Wir sind Menschen in der Gegenwart Gottes und Jesu Christi – nehmen ihn aber nicht mehr wahr. Und so gilt auch uns: Setz dich einfach mal hin und versuche ganz für Gott dazusein, mit ihm zu reden, sein Wort zu hören, mit Herzen und Gedanken, mit der Seele. Schau mit deinem Wesen mal allein auf ihn. Er ist da. Und wenn wir es auch nicht fühlen sollten, weil wir immer noch so sehr mit uns beschäftigt sind, dann können wir es uns einfach zusagen lassen: Durch Jesus Christus hast Du schon längst Zugang zu Gott dem Vater, Du bist sein Kind, Du stehst in seinem Licht, in seiner Gemeinschaft, in seiner Nähe. So ist es.

(17) Warten

Wir müssen durch das Warten erst bereitet werden. Wie der Gartenboden bereitet werden muss, damit er guten Ertrag bringt, so müssen auch wir bereitet werden. Die Sehnsucht nach Gott ist wie ein kalter Winter – aber er ist notwendig. Die Sehnsucht nach Jesus Christus ist wie Dauerregenwetter – aber es ist notwendig. Die Sehnsucht nach dem Heiligen Geist ist wie Dunkelheit – aber sie ist notwendig. Halten wir in dieser Zeit der Sehnsucht Gott uns als Erde hin, dann füllt er sie – bis wir bereitet sind, bis wir guter Boden sind.

(18) Oh!

Einer fragte einen Christen: „Du sagst, du hast Beziehung zu Jesus Christus. Was meinst du damit?“ Da sagte der Christ: „Oh, viel!“ Und ging weg. Einer fragte eine Christin: „Du sagst, du hast Beziehung zu Jesus Christus. Was meinst du damit.“ Da sagte die Christin: „Hast du etwa keine?“ Und ging weg. Da war Einer enttäuscht. Da sagte Jesus Christus zu ihm: „Ich rede mit dir, rede du auch mit mir. Ich bitte dich um eine Tat, sag ja, und tu sie. Ich habe Beziehung zu dir. Du musst sie nur ergreifen.“ „Oh!“, sagte Einer.

Nachdem Einer auch eine Beziehung zu Jesus Christus hatte, fragte ihn ein Mensch: „Du sagst, du habest eine Beziehung zu Jesus Christus. Was meinst du damit?“ „Jo“, sagte Einer, drehte sich um und ging. Da sagte Jesus zu ihm: „Geh zurück!“ Da sagte Einer: „Warum? Du musst dich ihm doch zeigen wie mir, und dann ist alles in Butter!“ Da sagte Jesus: „Kehr um! Ich bin in dir. Hört er dich, hört er mich.“ „Oh!“, sagte Einer, und freute sich – oder auch nicht.

(19) Witzige Gemeinde

Einer sagte: „Die Gottesdienste müssten fröhlicher sein. Die frühen Christen waren es ja auch. Lukas berichtet uns davon.“ Da sagte ein anderer: „Kindskopf, lass es! Lukas hat übertrieben. Die damals waren auch nicht besser als wir.“ Einer sagte: „Dann machen wir es eben so, wie Lukas es sich wünschte. Kommt, lasst uns fröhlich sein!“ Und er erzählte einen Witz. Mit Erfolg. Alle lachten und erzählten nun ihrerseits Witze. Lachend gingen sie mit Bauchschmerzen auseinander. Da sagte Jesus zu Einer: „Ich freue mich, dass ihr einen lustigen Abend hattet. Die Menschen damals waren jedoch fröhlich, weil sie wussten, was sie an mir hatten.“

(20) Jesus-Kommission

In der Kirchengemeinde wusste man nicht, was man an Jesus Christus hatte. Und da setzte man eine Kommission ein, die darüber beraten sollte. Die eine sagte: „Was mich an Christus stört ist, dass er keine Meditationsanleitungen gegeben hat.“ Der andere sagte: „Mich ärgert regelrecht an Jesus, dass er nicht mit seinen Jüngern und Jüngerinnen getanzt hat.“ Die dritte sagte: „Ich lese schon lange nicht mehr in der Bibel. Ich verstehe Jesus sowieso nicht.“ Alle wurden immer trauriger. Sie suchten ihre Wünsche in Jesus – doch suchten sie nicht ihn. Die Kommission löste sich auf. Der Gemeindebasar forderte zu viel Kräfte.

(21) Alle glauben an Gott

Da sagte ein Mensch zu Einer: „Du glaubst an Gott?“ „Ja“, sagte Einer. Da sagte er: „Und Buddhisten glauben auch an Gott.“ „Manche“, sagte Einer. „Und die vom Islam glauben auch an Gott.“ „Ja“, sagte Einer. „Und andere glauben auch an irgendwelche Götter.“ „Sicher“, sagte Einer. „Und alle sagen von ihrem Gott, er ist der Beste, Schönste, Größte.“ „Das weiß ich nicht“, sagte Einer. „Aber du sagst es als Christ“, antwortete der Mensch. „Hm, ich weiß nicht“, sagte Einer. „Ich glaub nicht, dass meiner der Beste, Schönste, Größte ist. Ich weiß nur, er liebt mich und dich und ist mir und uns nah, aber nicht nur so, innerlich, sondern auch in anderen Menschen. Ich darf ewig bei ihm sein, weil er mir meine Sünde vergibt.“ „Das glauben die anderen auch“, sagte der Mensch. „Nun ja“, sagte Einer, „hast du sie schon mal gefragt oder denkst du dir das so. Frag sie mal lieber, bevor du von ihnen was behauptest, wo sie voll dagegen sind.“

(22) Glas-Käfer

Ein Käfer war hereingeflogen. Setzte sich auf den Rand eines Glases und rannte darauf immer eifrigst herum. Einer beobachtete den Käfer. Unbeirrt lief dieser. Und der Käfer rannte rum und rum und rum. Dann drehte er sich um und rannte wieder rum und rum. Mensch, du kannst doch fliegen! Raus aus dem Trott!

(23) Schön grausame Natur

„Ist die Natur nicht schön?!“, sagte ihr Liebhaber. Einer antwortete: „Sicher! Schön ist, wie die Spinne die Fliege fängt, wie das Löwenmännchen die Jungen tötet, wie der Falke die Taube schlägt, der Fischer die zappelnden Fische angelt und der Koch den Hummer rötet. Natur ist nicht schön, aber zweckmäßig.“ „Gott ist grausam!“, sagte dann der Liebhaber der Natur. „Gott oder die verdorbene Natur?“ fragte Einer, er war sich selbst nicht sicher. Er wusste nur: Gott hat es anders geschaffen – und er wollte es ändern, wenn er kommt. Doch hat das Böse solch eine Macht, selbst die Tiere zu verändern?

(24) Defekter Mensch

Er schlief wenig später ein und träumte von Viren, die das Gehirn von Tieren und Menschen veränderten, von Gendefekten, die den Charakter eines Menschen ins Gegenteil verkehren, er träumte, davon, dass er selbst ein anderer wurde als er war und nicht wusste, warum. Er sah sich im Spiegel an und kannte sich nicht, wusste nichts mehr, starrte nur in seine gebrochenen Augen, die ihn als Löwenaugen verschlangen … In diesem Alb schrie es in ihm nur kurz: Herr, hilf! Doch er half nicht. Er wurde gebeutelt und taumelte, fiel in die kalten Dunkelheiten – und fiel auf etwas Weiches. Er spürte den Gekreuzigten und wurde von warmem Licht umhüllt, umhüllt und es durchstrahlte ihn. Kurz erwachte er: Ein schöner Alb, keine Antwort!? – dachte er und schlief wieder ein – im Schlaf der Seligen.

(25) Lamm Gottes – gibts nicht

Das Lamm Gottes stand inmitten einer laut redenden Menge. Einzelne Stimmen hörte ich heraus: „Mit dieser Theologie kann ich nichts anfangen!“ „Sühnetod und Sühneopfer – der Mensch ist gut“ – oder hörte ich: „ – der Mensch muss für seine eigenen Taten sühnen“? „Das gibt´s doch nicht, dass einer für andere stirbt – außer in Heldensagen!“ Die meisten schrien: „Veraltet! Damals, als man noch an Tieropfer glaubte, da brauchte man das!“ Und das Lamm Gottes kletterte in diese Menschen hinein und besuchte die archaischen Seelen der Schreienden. „Die gibt’s doch nicht!“, sagte der Verstand und schüttelte sich vor Grausen. Er nahm seine Lieblingsbeschäftigung wieder auf und kreiste um sich als guten Menschen. Aber – kann das sein? Irgendwie fühlte er sich doch besser.

(26) Fernseh-Netz

Einer ging Morgens an einem Haus vorbei, in dem ältere Menschen wohnten. Der Fernseher lief. Mittags lief er – und Abends lief er immer noch. Tag für Tag. Ob Sonntag oder Mittwoch. Wie schön, sagte er so vor sich hin, die haben wenigstens Abwechslung. Eines Nachts sah er im Traum ihre starren Blicke auf das flimmernde Gerät starren, er sah in ihren stummen Mündern nur kreischendes Fernsehgeflimmer, die Haut war bläulich angelaufen, aus Rücken und Füßen drangen vielfarbige Wurzelbänder. Klatschnass wachte er auf. Keiner braucht sie. Gott, du schon. Sie ließen sich jedoch einspinnen vom bläulichen Licht. Und wir hier in der Gemeinde würden gerne ihre Stimme hören, würden ihre Augen vor Freude glitzern sehen, ihre Kräfte wirken spüren.

(27) Göttliche Hüllen

Einer sah wie durch ein Vergrößerungsglas eine kleine Welt. Die Bewohner glauben den kosmischen Gott in sich, sie sind kosmisch göttlich. Da traf der eine Gott den anderen Gott. Auch trafen sie Göttinnen. Sie waren alle göttlich stark. Sie sahen die Welt wie sie sie schufen. Nach einem langen göttlichen Tag schloss jeder Gott und jede Göttin die Türe hinter sich zu. Und die Luft zischte raus. Und Einer sah weiter. Da lagen überall irgendwie Hüllen herum. Sie waren runzlig, bewegten sich nur schwach, es schien, als hätten sie Schmerzen. Und dann kamen starke Götter und Göttinnen vorbei, gefüllt mit kosmischen Kräften, sahen die Hüllen und schauten gefüllt mit jugendlicher Göttlichkeit vorbei. Und Einer hatte genug von Göttern. Er blieb lieber Kind Gottes.

(28) Sie habens nötig

Einer traf einen klugen Weltläufigen. Dieser sagte ihm: „Afrikaner und Asiaten reißen sich vielfach um Jesus Christus. Sie habens ja auch nötig.“ „Gewiss“, sagte Einer. „Und sie wissen es auch nicht besser“, sagte der Kluge weiter. „Sie sind nicht durch die Aufklärung gegangen.“ „Sicher“, sagte Einer. „Aber die werden auch schon noch dahinter kommen, dass der Mensch das Maß aller Dinge ist“, sagte der Aufgeklärte. „Welcher?“, fragte Einer. „Ja, jeder!“ „Das wäre was!“, sagte Einer. Doch der Kluge ließ sich nicht beirren, denn er war ja klug und fuhr fort: „Und er ist für sich selbst verantwortlich.“ „Darum“, sagte Einer, „wenden sie sich Jesus Christus zu!“

(29) Jesus-Schicksal

Einer sang aus voller Kehle: „Bei dir, Jesu, will ich bleiben, stets in deinem ´Dienste stehn; nichts soll mich von dir vertreiben, will auf deinen Wegen gehen“ (EG 406). „Nun“, sagte Jesus, „was singst du denn da! Schimpfst du nicht ständig mit mir rum, weil es nicht so läuft, wie du es dir vorgestellt hast? Haderst du nicht wegen jeder Kleinigkeit?“ „Nicht mit dir“, antwortete Einer, „sondern mit dem Schicksal.“ „Papperlapapp, ich bin dein Schicksal, du singst es ja selbst. Aber lassen wir das: Du singst es schön!“

(30) Leere Weisheit

Ein Weiser schleppte einen riesigen Koffer zum Bahnhof. Da fragte Einer: „Was ist denn da drin?“ „Nichts“, antwortete der Weise. „Und warum trägst du ihn mit dir herum?“ „Er ist mein Leben. Ich schleppe es mit mir herum – und dabei ist es leer.“ „Das ist aber traurig“, sagte Einer, „ich dachte, du seist Weise.“ „Ja“, sagte der Weise, „ich werde so genannt, weil ich weiß, dass das Leben leer ist.“ „Ich bin nicht weise“, sagte Einer. „Aber ich kenne jemanden, der macht den Koffer voll und hilft ihn dir tragen.“ „Ist mir egal“, sagte der Weise und schleppte den Koffer weiter. „Was für ein Freund der Weisheit!“, sagte Einer.

(31) Leere ist Welt

Einer zog die Gardine zu. Die Welt war nun draußen. Doch die Welt tönte herein. Er stopfte sich die Ohren zu. Die Welt war draußen. Er verhielt, so gut es ging seinen Atem, um die Welt draußen zu lassen. Es gelang immer besser. Aber seine Gedanken, seine Gedanken – sie trugen die Welt wieder herein, bunt und wild. Mühsam lernte er ganz gefüllte Leere zu werden. Die Gedanken schwiegen. Huschte da nicht ein kleiner Gedanke, klein wie ein Lufthauch durch seine Sinne? Er sagte doch tatsächlich: Auch Leere ist Welt?