Diese Broschüre zum Thema Extremismus wurde von der WPU Gruppe Respekt von Christoph Wiesenhütter im Schuljahr 2018/2019 erstellt.

Vorgestellt werden: Rechts- und Linksextremismus, Islamismus und Antisemitismus.

Extremismus/Fundamentalismus

Was alle extremistische Gruppen eint, ist der Fundamentalismus.

Fundamentalismus ist ursprünglich ein positiver Begriff. Er wurde von Christen verwendet, um die unverrückbare Basis ihres Glaubens zu benennen.

Dieser Begriff wurde dann vom Positiven ins Negative umgedreht: Fundamentalist ist nicht mehr einer, der stolz darauf ist, dass er eine gute Basis für sein Leben hat. Fundamentalist ist aus heutiger Sicht ein Mensch, der nicht bereit ist, mit Menschen, die eine andere Weltsicht haben, zu reden. Es sind Menschen, die sich weltanschaulich absondern und nur mit Gleichgesinnten Umgang suchen: Fundamentalisten wollen im Alltag und in der Freizeit nichts mit Menschen zu tun haben, die anders denken als sie.

Fundamentalisten und Extremisten haben noch etwas gemeinsam: Sie meinen, dass nur ihre Weltsicht die Menschheit vor dem Untergang, vor der großen Katastrophe rettet. Wer nicht mitmacht, der zerstört die Welt. Was extremistische Gruppen oft antreibt, ist ein gutes Ziel: Die Welt soll besser werden. Das Ziel haben alle Menschen, die menschlich und sozial veranlagt sind. Etwas trennt Extremisten aber von diesen sozialen Menschen. Extremisten meinen: Damit die Welt gut werden kann, müssen Gegner bekämpft werden. Ich bin der Gute – der andere ist der Böse. Ich rette die Welt – der andere will sie zerstören. Das einfach gestrickte Weltbild kennen wir von PC-Spielen und Filmen sehr gut.

Von daher gehören die hier dem Extremismus zugeordneten Gruppen in ihrem jeweiligen Kern zu den Fundamentalisten. Man bekämpft einander. Man bekämpft die jeweilige Konkurrenzgruppe. Man versucht Menschen, die nicht der eigenen Weltanschauung zugehören, auf die eigene Seite zu ziehen.

• Linksextreme versuchen Menschen, die nicht linksextrem sind, auf ihre Seite zu ziehen: Du bist doch auch gegen Rechtsextreme – also komm zu uns!

• Rechtsextreme versuchen Menschen, die nicht rechtsextrem sind, auf ihre Seite zu ziehen: Du bist doch auch gegen Linksextreme – also komm zu uns!

Extremisten versuchen Menschen auf ihre Seite zu ziehen, um sie für sich einspannen zu können.

Oder andersherum:

• Das, was Du gesagt hast, ist nicht in unserem Sinne – also bist Du linksextrem!

• Das, was Du gesagt hast, ist nicht in unserem Sinne – also bist Du rechtsextrem!

Das bedeutet: Man stößt Menschen aus. Was dann dem jeweiligen „beschuldigten“ Menschen je nach Macht der extremistischen Gruppe in der Gesellschaft Nachteile bringen kann. Das sind Einschüchterungsmethoden, die versuchen, Menschen mundtot zu machen. Man verängstigt Menschen, damit sie es nicht mehr wagen, ihre Meinung zu sagen.

Extremisten versuchen Menschen in ihr Weltbild hineinzuziehen, das aus

• schwarz/weiß,

• gut/böse,

• Freund/Feind

• Licht/Finsternis

besteht. Es gibt für sie keine Mitte, keine Grautöne, kein bunt. Es gibt nur entweder/oder. Weil nur die eigene Meinung, das eigene Weltbild zählen, will man auch nicht mehr mit anderen frei und offen reden, Meinungen austauschen. Man will den anderen auf die eigene Seite ziehen, aber nicht mehr einfach nur freundschaftlich, interessiert, menschlich miteinander reden. Man verhält sich fundamentalistisch:

• Mit Dir rede ich nicht mehr!

• Du bist zu blöd für mich!

• Du zerstörst unsere Welt!

• Mit Extremisten darf man nicht reden!

• Ich kann keinen Linken/Rechten zum Freund/zur Freundin haben!

Die Menschen, die weiterhin ohne politisch extreme Vorgaben frei und verantwortlich entscheiden wollen, müssen aufpassen, dass sie sich nicht von Extremisten welcher Art auch immer einspannen – aber auch nicht einschüchtern – lassen.

Menschen der Mitte bringen Mut auf, zu ihrer Meinung zu stehen, trotz Bedrohungen von Extremen, sie treten für Vielfalt ein. Sie sind auch frei, ihre Meinung zu ändern, wenn es bessere Argumente gibt. Eine Gesellschaft, in der alle dasselbe denken, in der Menschen Angst haben, etwas zu denken, oder zu sagen, was „man“ nicht denken/sagen darf, ist keine gute Gesellschaft. Eine solche Gesellschaft ist totalitär, sie verängstigt, sie fördert Heuchelei und Lüge, Diffamierungen/Petzen und an den Pranger stellen sind an der Tagesordnung.

Menschen der Mitte passen allerdings auch auf, dass sie nicht selbst in den Fundamentalismus/Extremismus abrutschen – ohne es zu merken. Das passiert ganz leicht, weil wir Menschen dazu neigen, das, was wir denken, zu verabsolutieren. Wir suchen Gruppen, die denken was, wir denken oder passen uns Freundinnen und Freunden an. Dann setzt das normale Gruppenverhalten ein:

• Meine Gruppe ist gut – andere Gruppen sind schlecht!

• Meine Gruppe will das Beste für die Welt – die andere Gruppe verursacht deren Untergang!

• Mit denen darf man nicht mehr reden!

• Das sind Feinde, die sind böse, …!

• Die anderen sind die Fundamentalisten/Extremisten…!

• Wir sind stärker, wir sind mehr!

Extremismus wie Fundamentalismus können eine Demokratie gefährden, wenn es zu viele werden, die gegen einander oder gegen die Mitte der Gesellschaft kämpfen. Von daher werden Extremisten in unserer Demokratie hoffentlich immer nur am Rand der Gesellschaft zu finden sein.

Leben in einer Demokratie ist ein anstrengendes, aber schönes Abenteuer:

Man lernt immer wieder neu, mit anderen Menschen zu leben – auch mit denen, die einem nicht passen, die man als „blöd“ ansieht, die „anders“ sind – und man versucht, mit ihnen gemeinsam die Zukunft auf friedlichem Weg zu gestalten.

Damit man das aber kann, beobachte man sich selbst und seine Gruppe sehr genau: Rutsche ich ab in Fundamentalismus/Extremismus, indem ich andere nicht mehr respektiere? Respekt lernen! Menschen respektieren heißt: Ich will sie als Menschen achten, auch wenn ich deren Weltsicht nicht teile. Das nennt man: Toleranz. Wir Menschen, die wir uns an Gruppen anpassen, sind normalerweise nicht tolerant geboren. Wer eine gute, friedliche Welt möchte, will das üben: tolerant sein.